Gemeinde

Artlenburg ist im wahrsten Sinne des Wortes „historischer Boden“

Schon im ersten nachchristlichen Jahrhundert gab es nachweislich in Höhe des heutigen Artlenburg eine Furt zum anderen Elbufer, die von den Römern und nachfolgenden Völkerstämmen als bei Ebbe sicherer Flussübergang genutzt wurde.

Gräber- und Münzenfunde aus unterschiedlichen Epochen zeigen deutlich an, dass es hier schon sehr früh einen besiedelten Flecken gab, der sich um diesen Naturübergang über den damaligen Hauptarm der Elbe entwickelt hatte.

Im frühen Mittelalter wurde dieser Hauptarm der Elbe “Erthene” genannt. Die bei Artlenburg bestehende Furt zum Nordufer hinüber wurde in großem Ausmaß für Handel und Reisen genutzt. Zwischen Magdeburg und Hamburg bot die Furt bei Artlenburg die günstigste Möglichkeit, den Strom zu queren. Hier baute der Markgraf und spätere Herzog Hermann Billung (+973) die Ertheneburg, um den Flussübergang gegen die Slaven und die Wenden zu sichern, die, von Osten kommend, südlich der Elbe eine neue Heimat für sich suchten.

Gegenüber am hohen Nordufer bei Schnakenbek finden sich die Überreste einer weiteren “Ertheneburg”. Der Elbübergang bei Artlenburg markiert ferner einen Engpass auf der berühmten Alten Salzstraße zwischen Lüneburg und Lübeck, dessen Sicherung sowohl politisch als auch wirtschaftlich von Bedeutung war.

Die Alte Salzstraße führte von Lüneburg nach Lübeck und erreichte Artlenburg bis Artlenburg, wo sie über eine Furt und eine Fähre die Elbe überquerte. Der Elbübergang der Alten Salzstraße von Artlenburg nach Schnakenbek wurde im 11. und 12. Jahrhundert durch die Ertheneburg gesichert, die 1180 von Heinrich dem Löwen auf seiner Flucht vor Kaiser Friedrich Barbarossa in Brand gesetzt wurde. Lange Zeit gab es dann am Übergang nur noch eine Zollstation, heute befindet sich hier kein Elbübergang mehr.

Die Alte Salzstraße endete in Lübeck, das nach seiner Gründung 1143 als erste an der Ostsee liegende Deutsche Stadt quasi zum Einfallstor deutscher Kaufleute für den Osthandel wurde. Entscheidend hierfür war das Artlenburger Privileg von 1161, in dem die Lübecker Kaufleute den bisher im Ostseehandel dominierenden Gotländischen Kaufleuten aus Visby rechtlich gleichgestellt werden sollten. Glanzzeit und Ende der Burg fallen in die Zeit Heinrichs des Löwen.

Als er 1180 vor Kaiser Barbarossa nach England fliehen musste, ließ er die Ertheneburg in Flammen aufgehen. Die Reste der Burg sind im unteren Teil des Artlenburger Kirchturmes zu sehen und bilden den Rest der ausgedehnten und wehrhaften Burganlage. Dazu passt auch der alte Burggraben, der das Warftgrundstück noch zur Hälfte umgibt Aus “Ertheneburg” wurde später “Artlenburg”.

Wegen der großen Bedeutung dieser Elbquerung siedelten sich immer mehr Handwerker und Bauern an, und es wurde auch eine Kirche innerhalb des Burgbereiches errichtet, die dem heiligen Nikolaus, dem Schutzpatron der Fischer, Schiffer und Fernkaufleute geweiht wurde. Mit dem im Jahre 1161 geschlossenen „Artlenburger Privileg“ konnte der kleine Ort einen wesentlichen Beitrag zur Entwicklung und zur Sicherung des Handels in Europa leisten, was letztlich in dem Aufstieg der Handelsstrukturen der Hanse mündete.

Das Artlenburger Privileg ist eine Urkunde Heinrichs des Löwen aus dem Jahr 1161. Diese Urkunde wurde anlässlich eines Landtages im Oktober auf der Ertheneburg am Elbübergang gegeben. Durch das Artlenburger Privileg, das den Lübecker und den Gotländischen Kaufleuten in dem jeweils anderen Bereich die gleichen Rechte sicherte, konnte eine Stabilisierung der Handelssituation und damit die Blüte des Ostseehandels erreicht werden. Artlenburg selbst profitierte von diesen Handelserleichterungen, weil es an einer strategisch wichtigen Stelle des Alten Salzstraße zwischen Lüneburg und Lübeck lag und durch die Wege- und Brückenzölle von der Entwicklung des Handels profitierte.

Eine entsprechend erfreuliche Entwicklung nahmen damals die Einwohnerzahl und die Bebauung des Ortes. Es kam zu einer wirtschaftlichen Blüte des Ortes im 15. bis 17. Jahrhundert, die im Wesentlichen durch die Zoll – und Fähreinnahmen erreicht wurden, die Artlenburg bis zum Ende der Zollstelle im Jahre1866 zu einer finanziellen Sicherheit und zu einer Bedeutung als Handels- und Umschlagplatz brachte. Der große Brand von 1821 veränderte in seiner Folge das Ortsbild Artlenburgs nachhaltig: Während sich der Ort bis dahin durch eine geschlossene Bauweise auszeichnete, wurde anschließend in einer weitläufigeren Bauweise wieder auf-gebaut, wie es im Ort auch heute noch zu sehen ist. Als prägend für die Silhouette Artlenburgs zeigte sich die Windmühle, die in den Jahren 1831 bis 1833 entstand und seitdem als Wahrzeichen Artlenburgs galt.

Vor dieser Zeit war das Dorf dem Mühlenzwang der Lauenburger Windmühle unterworfen. Danach wurde für Artlenburg und Hohnstorf der Zwang der neuen Mühle wirksam. Der erste Müller, Carl Brügmann, musste im Jahre 1889 den Brand der Mühle miterleben, im darauf folgenden Jahr konnte sie aber wieder errichtet werden. Die Bevölkerungsentwicklung im 20. Jahrhundert verlief sehr ruhig: Von 827 Einwohnern um 1900 stieg die Einwohnerzahl 1939 auf 1.029, im Jahre 1946 waren es 1.068 und im Jahre 1964 dann 1087. Heute leben 1.720 Menschen in Artlenburg. Der Schützenverein des Ortes existiert seit 1848, eine Freiwillige Feuerwehr gibt es seit 1873, der Sportverein wurde 1875 gegründet. Der wichtige Artlenburger Deichverband, der seit 1904 die Aufgaben des Wasserschutzes und der Ent- und Bewässerung koordiniert, hat eine erhebliche überregionale Bedeutung.

Artlenburg (Ertheneburg) hat durch seine bevorzugte Lage an der Furt über die Elbe frühzeitig eine entscheidende Bedeutung im Rahmen der Handelswege der Alten Salzstraße von Lüneburg nach Lübeck bekommen. Schon hierdurch wird seine entscheidende Stellung in der Entwicklung der Deutschen Handelsgemeinschaften dokumentiert, die später einmal als „Hanse“ bekannt werden sollte. Nicht zuletzt auf Grund der bevorzugten Lage wurde 1161 in Artlenburg mit dem „Artlenburger Privileg“ die wichtigste Urkunde erstellt, die den Handel im Ostseeraum für deutsche Städte, insbesondere für Lübeck, erreichbar machte und Basis war für die Etablierung einer Handelsroute, die die wichtigsten Handelszentren Europas mit Brügge und Nowgorod nahezu vollständig unter ihrem Einfluss miteinander verbinden konnte.